Medienresonanz und Öffentlichkeitsarbeit in der Krise
Obwohl staatliche Schulen zur Grundversorgung gehören und sich daher grundsätzlich nicht in einer Konkurrenzsituation befinden (also nicht werbend auftreten müssen), halte ich schulische Öffentlichkeitsarbeit für wichtig. Auch und gerade in der Krise versuche ich deshalb aus verschiedenen Gründen, den eingeschlagenen Weg der Schule nach außen transparent zu machen:
- Es besteht ein gewisses öffentliches Interesse, weil sehr viele Familien von der Situation betroffen sind und sie teilweise auch als emotional belastend erleben. Da kann Transparenz dazu beitragen, Verständnis zu schaffen und lädt außerdem zu Feedback ein.
- Ich nehme viele Lehrkräfte als äußerst engagiert wahr; grundsätzlich, aber ganz besonders in der momentanen Krisenzeit. Nun erhalten Lehrerinnen und Lehrer schon im Alltag nur wenig Feedback außerhalb der unmittelbaren Reaktion in den Klassenzimmern und auch das Image des Lehrers in der Öffentlichkeit ist nicht ausschließlich positiv. Ich betrachte es daher auch als meine Pflicht gegenüber den Lehrkräften, Engagement und Leistung, die nach innen erbracht werden, auch nach außen darzustellen.
- Wir haben in den letzten zehn Jahren seit der Schulgründung vieles ausprobiert und einiges hat sich bewährt, anderes weniger. Indem wir darüber schreiben und reden, möchten wir andere an diesen Erfahrungen teilhaben lassen.
- Nicht zuletzt unterstützt mich dieses „Darüber reden und Schreiben“ auch in meinem eigenen Reflexionsprozess.
Am Wochenende berichtet das regionale Kleinanzeigenblatt gedruckt und online über unseren Weg, das digitale Fernlehren zu organisieren:

Solche kostenlos in allen Haushalten verteilten Gratisblätter werden regional schon stark wahrgenommen, deshalb freue mich sehr über diese wertschätzende Berichterstattung.
Auch der regionale Radiosender Radio Alpenwelle interessiert sich für uns und sendet mehrfach kleine Einspieler mit Aussagen von einer Schülerin und mir:
Am Sonntag erscheint in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) ein (autorisiertes) Interview, das der Journalist Christian Füller mit mir geführt hat. Das war in mehrfacher Hinsicht eine interessante Erfahrung:
Wir haben zunächst ein einstündiges, recht freies Gespräch über den Umgang mit der Corona-Krise an unserer Schule, aber auch über meine allgemeinen Einschätzungen zu „Schule in Corona-Zeiten“ geführt. Aus diesem Gespräch wurde dann ein Text in Interviewform herausgearbeitet (was ich mir als aufwändige, undankbare Arbeit vorstelle), wodurch eine thematische Ordnung, aber auch eine gewisse Pointierung entstanden ist. Ganz überwiegend fühlte ich mich aber in dieser ersten Fassung sehr treffend wahrgenommen. In der redaktionellen Bearbeitung wurde dann der Text leider nochmal um die Hälfte gekürzt, was in der veröffentlichten Form manche Aussagen doch recht holzschnittartig darstehen lässt; ich hoffe, dass die zugrunde liegenden Gedanken trotzdem noch erkennbar sind. Einzig mit der Auswahl von Titel und Lead bin ich im Nachhinein nicht völlig glücklich:

Ich bin zwar Idealist, aber nicht doof. Natürlich weiß ich, dass für manche Kinder der Schulbesuch Stress und Angst und nicht Sicherheit und Rhythmus bedeutet. Und gottseidank erfahren die allermeisten Kinder und Jugendlichen in ihrem Elternhaus Liebe und Geborgenheit. Und eigentlich sollte das auch jedem klar sein, der den Text liest. Trotzdem ist offensichtlich bei einem Teil der Leser*innen (die wohl auch nur die Überschrift gelesen haben), der Eindruck entstanden, ich würde die Kernkompetenz, Kindern Ruhe und Geborgenheit zu vermitteln, einseitig den Elternhäusern absprechen und der Schule zuschreiben. Tatsächlich ging es an der Stelle im Gespräch aber um die Kinder, die eben nicht das Glück haben, in einer liebevollen Umgebung aufzuwachsen, sondern deren familiärer Alltag von Konflikten und Unsicherheit geprägt ist. Und für diese Kinder ist es nun besonders problematisch, wenn der Schulbesuch wegfällt, der im besten Fall Sicherheit gibt und einen Ruhepol darstellen kann. Dieses Missverstehen hat mir dann auch meinen ersten kleinen Shitstorm in den facebook-Kommentarspalten der FAZ eingebracht, hier eine Auswahl der Kommentare:

Ich vermute ja, dass der Reflex, mit dem manche in der Öffentlichkeit (vor allem bei facebook) bei schulischen Themen zubeißen, mehr mit der eigenen Schulbiographie zu tun hat als mit den Inhalten.
Wie gesagt, in mehrfacher Hinsicht eine interessante Erfahrung.
Nachdem die Kommentatoren mit einer recht großen Wahrscheinlichkeit nicht selbst oder ihre Kinder nicht auf der RS Gmund sind, kann ihr Urteil auch nicht das Beschriebene betreffen…
Krass… Also die Kommentare.
Ich bin immer wieder erschrocken, wie schnell Menschen abwertend reagieren wenn ihnen etwas nicht gefällt.
Man versteht jeden, der deshalb keinen Bock hat, mutig und pointiert in die Öffentlichkeit zu gehen.
Um so wichtiger, dass Du und ihr diesen Schritt macht. Die Arbeit an Eurer Schule ist so sensationell hilfreich für so viele Menschen. Und ich glaube viele können von einem Austausch zwischen den Schulen, die versuchen hier gute Arbeit zu machen, profitieren.
Ich persönlich hätte mir eine Schule wie die Eure gewünscht.