Bis repetita non placent | Corona-Tagebuch #25

15.03. – 14.04.2021

In meinem letzten Eintrag habe ich geschrieben, dass mich die Ankündigung, ab 15. März alle Schülerinnen und Schüler auf einmal in den Wechselunterricht in die Schulen zurückzuholen, ein bisschen überrascht hat; gerade angesichts der gleichzeitig überall steigenden Zahlen (Die Tagesschau titelte: Schulen auf – um jeden Preis?). Bei uns im Landkreis hatten wir Glück; die Inzidenz blieb auch am Stichtag nach der ersten Woche unter 100, sodass wir wenigstens einen zweiwöchigen A/B-Turnus durchlaufen konnten und ich hatte – bei aller nachvollziehbaren Kritik an der Öffnungsentscheidung – schon auch den Eindruck, dass es den meisten gut getan hat, mal wieder persönlich in der Schule zu sein. Ein Schulleiter-Blog

Mehr als 30 Landkreise in Bayern mit rund einer halben Million Schülerinnen und Schülern hatten diese Kontinuität nicht; da lag nach einer Woche im Wechselunterricht die Inzidenz wieder über 100, was erneut Distanzunterricht bedeutete. Das ist dann genau das für alle Beteiligten mühsame und auf Dauer auch zermürbende Hin und Her.

Verpflichtende Selbsttests an den Schulen / Warten auf die Impfung

Mitte der zweiten Osterferienwoche wurde entschieden, dass die ursprünglich als freiwillig angekündigten Tests nun doch für alle verpflichtend sind, was in (kleineren) Teilen der Elternschaft Bayerns für etwas Unruhe gesorgt hat (sogar in Miesbach gab es eine Demo); da ist es hilfreich, dass der VGH das gleich überprüft und für grundsätzlich rechtmäßig erklärt hat. Für die Lehrkräfte ist herausfordernd, dass sie nun im Wechselunterricht drei Gruppen zeitgleich unterrichten sollen: Den A-Teil in der Schule, den B-Teil, der zwar zuhause ist, aber am nächsten Tag ja wieder in die Schule kommt und dann noch eine mehr oder weniger große Gruppe, die entweder aufgrund von Bedenken wegen der Infektionsgefahr oder wegen Nichteinverständnis mit den Selbsttests ganz zuhause lernt.

Herr Rau hat einen Blogbeitrag zur Testerei und zum Impfen geschrieben (nein, immer noch kein Impfangebot für Lehrkräfte an weiterführenden Schulen) und dem ist eigentlich auch nichts hinzuzufügen.

Ende des Corona-Tagebuchs

Mit diesem 25. Artikel beende ich nach gut einem Jahr dieses „Corona-Tagebuch“. Das hat hauptsächlich zwei Gründe: Einerseits waren wir im Frühjahr 2020 schlagartig gezwungen, neue Wege zu gehen. Unsere Erfahrungen im völlig neuen Distanzunterricht zu reflektieren, aufzuschreiben und für andere zur Verfügung zu stellen, hat viel Spaß gemacht und war an der ein oder anderen Stelle auch hilfreich. Nun sind die Methoden aber ausgereift, zu Distanz- und Hybridunterricht ist alles gesagt, die Tools sind bekannt, Handreichungen und Bücher erschienen. Vieles wiederholt sich und wird dann auch langweilig oder sogar nervig. Ein Beispiel dafür ist die Endlosdiskussion um den Datenschutz beim Einsatz digitaler Tools in der Schule. Statt endlich mal eine klare Linie festzulegen, geht es immer hin und her, erst wagt sich hier jemand aus der Deckung, dann verbietet dort ein Landesdatenschützer das halbe Internet und die Lehrer*innen wissen am Ende überhaupt nicht mehr, was sie sollen, dürfen, können.

Zum anderen wiederholt sich leider auch die Ignoranz wissenschaftlicher Evidenz. Während RKI und nahezu alle Virolog*innen die Ernsthaftigkeit der Mutationen für Kinder und Jugendliche und auch die Rolle von Schulen und Kitas seit Monaten betonen, sprachen manche Spitzenpolitiker*innen noch bis vor kurzem davon, dass Kinder, Jugendliche, Kitas und Schulen kaum eine Rolle spielten, sie im Gegenteil sogar Bremse der Pandemie seien. Ich habe mal versucht, diese Beobachtung in einem Modell zu veranschaulichen:

Zur Demonstration des Ablaufs fünf Schlagzeilen aus den letzten Wochen (in beinahe chronologischer Reihenfolge):

Jetzt könnte man ja einwerfen, dass man hinterher immer schlauer sei. Mag das vor einem Jahr noch gestimmt haben, ist es nun nach meiner Wahrnehmung schon länger so, dass es bei Fragen zur Pandemiebekämpfung eigentlich immer die gleichen Personen sind, die mit ihren Warnungen und Prognosen Recht behalten (und genauso sind es auch immer die gleichen Personen, die entsprechend danebenliegen). Hier mal ein Beispiel vom Mai 2020 (anklicken und den ganzen Thread lesen, es lohnt sich):

Auch aktuell ist es so: Viele zeigen unter dem Schlagwort #NoCovid oder #ZeroCovid auf, dass ein kurzer, echter Lockdown innerhalb von wenigen (3-4) Wochen dazu führen könnte, dass ein halbwegs normales öffentliches Leben wieder stattfinden kann (ich halte es für Teil des Problems, dass wir in D den Begriff „Lockdown“ für halbherziges Rumgeeier verbrämt haben). Stattdessen streiten sich Bund und Länder um Details in Strategien, die allesamt nach Einschätzung der Wissenschaft höchstens geeignet sind, einen dauerhaften Tanz um die 100er-Inzidenz aufzuführen. Das kann doch niemand ernsthaft wollen! Wie es dagegen gehen könnte, werden Wissenschaftler*innen wie Melanie Brinkmann nicht müde zu erklären, z.B. hier:

Die Wege sind also gezeichnet: Wie Schule in der Krise einen wertvollen Beitrag leisten könnte und wie sie zwischen Distanz und Präsenz organisiert werden kann und wie wir als ganze Gesellschaft aus der Krise kommen könnten. Dass das nun alles nicht so schnell wie möglich passiert, ist das Traurige an der Erzählung. Und das mag man nun wahrlich nicht alle zwei Wochen aufs Neue aufschreiben müssen; deshalb beende ich hier meinen regelmäßigen chronologischen Bericht und schreibe zu Corona & Schule nur dann was, wenn’s auch was zu schreiben gibt.

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