Wie Schule in der Corona-Krise Stress und Druck erhöhen kann

Vorbemerkung
Der nachfolgende Text ist unsachlich, sarkastisch und stark wertend. Je nachdem, auf welcher Seite des Spannungsfeldes Schüler*innen-Eltern-Lehrkräfte-Schulleitung du gerade stehst, könntest du den Text als befreiend oder als Angriff empfinden. Deshalb habe ich ihn unmittelbar nach dem Schreiben nochmal in eine positive Form gebracht und ich empfehle grundsätzlich, nur diese überarbeite Fassung zu lesen:
Wie Schule in der Corona-Krise unterstützend wirken kann
Ich lass‘ die Urform des Textes hier trotzdem stehen, weil es mir in dem Moment gut getan hat, ihn zu schreiben und vielleicht geht es ja noch jemandem so.

  1. Vorbereitung wird überbewertet. Die Einbindung digitaler Medien und Lernplattformen oder cloudbasierter Tools hast du immer schon als überflüssigen Schnickschnack betrachtet. Schließlich ist lehrerzentrierter Frontalunterricht mit Tafel und Kreide ja viel besser als sein Ruf. Dass es reicht, spontan irgendwie ein paar Zugänge einzurichten, sieht man ja jetzt, wieso hätte man sich da vorher damit beschäftigen sollen?

  2. Setze den Fokus ganz klar auf die inhaltliche Weiterarbeit; der Lehrplan muss schließlich erfüllt werden! Dafür ist es wichtig, viel Material zum Ausdrucken und zum Abschreiben zu verschicken.

  3. Deshalb solltest du auch viel neuen Stoff vermitteln. Um den Ernst der Lage zu verdeutlichen, solltest du ankündigen, dass die neuen Inhalte in Prüfungen abgefragt werden, sobald die Schule wieder beginnt. Dass dadurch die soziale Schere noch weiter aufgeht, weil nicht alle Eltern die Möglichkeit haben, die Aufgabe der Lehrkräfte zu übernehmen, ist halt so. Schule ist schließlich kein Ponyhof und soll aufs echte Leben vorbereiten.

  4. Achte darauf, ungestört arbeiten zu können. Wenn dich jemand erreichen möchte, verweise auf das Sekretariat der Schule. Deine Aufgabe besteht darin, einmal in der Woche ein großzügiges Paket mit Arbeitsaufträgen zu verteilen. Feedback, Kommunikation und individuelle Unterstützung frisst nur deine Zeit, die du dringend für die Erstellung neuer Materialien brauchst. Auch Video- und Audio-Chats sind nur was für verspielte Nerds.

  5. Vermeide Absprachen mit Kolleginnen und Kollegen. Am besten denkt sich jeder selbst einen Weg aus, Materialien zu verteilen, Aufgaben zu stellen und deren Erledigung zu überprüfen. So lernen die Schüler, sich flexibel zu verhalten und mit vielfältigen Anforderungen umzugehen. Auch den Eltern wird es nicht so schnell langweilig. Deshalb solltet ihr auch einheitliche Dateiformate oder Dateinamen unbedingt vermeiden.

  6. Ignoriere interaktive digitale Möglichkeiten. Ein Quiz zu erstellen, bereits vorhandene digitale Lernangebote einzubinden oder offene Aufgabenstellungen, die die Kinder miteinander und mit dir in Kontakt bringen, das kostet alles nur Zeit und weckt möglicherweise unangebrachte Erwartungen für die Zukunft.

  7. Du kannst davon ausgehen, dass alle Familien einen Computer pro Kind haben und Druckerpapier und Tintenpatronen in industrieüblichen Mengen vorhanden sind. Einen gewissen Mindeststandard sollte man schon erwarten können.

  8. Viele Eltern haben gerade viel Zeit, weil sie in Kurzarbeit sind oder als Selbstständige ohnehin gerade keine Aufträge haben. Sie sind bestimmt gerne bereit, sich als Aushilfslehrer zu engagieren. Und die eigenen Kinder zu unterrichten, lenkt ja auch gut von existenziellen Problemen ab.

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