Pädagogischer Tag als BarCamp

Lehrerkollegien sind in vielerlei Hinsicht heterogen; insbesondere mag man auch kaum glauben, zu wie vielen verschiedenen Themen sich in einem Kollegium Expert*innen finden lassen. Trotzdem wird bei schulinternen Fortbildungen (oder sog. „pädagogischen Tagen“) auf das im Haus vorhandene Wissen und Können viel zu selten zurückgegriffen, sondern häufig wird eine Person von außen als Expert*in eingeladen, die dann fürs ganze Kollegium referiert. Das Spezialwissen der Vielen nutzbar zu machen und die Vielfalt der Bedürfnisse im Kollegium zu respektieren, dafür braucht es andere Formate. Mit einem BarCamp ist das möglich. Im Folgenden beschreibe ich kurz, was ein BarCamp ist und wie wir dieses Veranstaltungsformat für unseren pädagogischen Tag konkret umgesetzt gemacht haben.

Kurzbeschreibung: Ein BarCamp (auch „Unkonferenz“) ist ein offenes Format. Bis auf den zeitlichen Ablauf ist im Grunde nichts vorgegeben. Es finden nacheinander mehrere „Sessions“ mit max. 60 Minuten Dauer statt, deren Inhalte erst am Beginn der Veranstaltung während einer gemeinsamen Sessionplanung festgelegt werden. Eine Session kann ein Vortrag, eine Diskussion oder eine gemeinsame Aktion sein. Es kann für die gesamte Veranstaltung ein übergeordnetes gemeinsames Thema geben oder auch nicht.

Zeit: 6-8 Stunden

Teilnehmerzahl: ab 20, an der RS Tegernseer Tal ca. 45 TN (4-5 parallele Sessions)

Voraussetzungen/Vorkenntnisse: Das Konzept sollte den teilnehmenden Lehrkräften im Vorfeld zumindest in groben Zügen bekannt sein, damit eine hinreichend große Zahl an Personen motiviert ist, eine Session anzubieten. Beim ersten Versuch an unserer Schule wurde die Sessionplanung schon im Vorfeld durchgeführt, um sicher genügend Sessiongeber*innen zu haben; bei weiteren Durchläufen war das nicht mehr notwendig und die Planung konnte – wie es das Konzept eigentlich vorsieht – spontan am Morgen stattfinden.

Material/technisches Equipment: in jedem Raum eine Flipchart, Magnetwand o.ä. und Moderationsmaterial, ggf. Beamer, WLAN (je nach Inhalt der Sessions)

Raumbedarf: einen großen Raum für Sessionplanung, Kaffeepausen, Mittagessen und Abschlussrunde sowie ausreichend Räume, in denen parallele Sessions stattfinden können.

Vorbereitungen: Räume und Sessionboard. Bei der ersten Durchführung in einem Kollegium sollte man das Format im Vorfeld auf einem geeigneten Weg bekannt machen und ggf. sicherstellen, dass ausreichend Sessiongeber*innen motiviert sind. Wichtig bei einem BarCamp ist gute Verpflegung. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, auch die Verpflegung nach dem „sharing-Prinzip“ zu organisieren: Jede(r) bringt etwas mit und mithilfe eines Online-Dokuments wird sichergestellt, dass für Abwechslung gesorgt ist.

Durchführung:

9:00 – 10:00 Uhr: Orga und Sessionplanung

Die sonst bei BarCamps übliche Vorstellungsrunde kann im Kreis des einander bekannten Kollegiums entfallen. Je nachdem, ob in einem Kollegium ein BarCamp zum ersten oder zum wiederholten Mal stattfindet, werden nun die BarCamp-Regeln mehr oder weniger ausführlich erklärt:

  • Es gibt kein Publikum, nur Teilnehmende (oder auch: „Teilgebende“). Die Sessions sind so spannend, wie die Teilnehmenden sie gestalten.
  • Alle treten gleichberechtigt auf. Es gibt keine Cheforganisation o.ä., die das letzte Wort hat.
  • Es gilt das Prinzip der zwei Füße: Wenn du an dem Ort, an dem du dich befindest, nichts beitragen oder lernen kannst, bist du jederzeit frei, woanders hin zu gehen.
  • Eine Session dauert so lange, wie sie dauert, aber längstens bis zum Beginn der nächsten Session.
  • Jede Session soll (währenddessen oder unmittelbar im Anschluss) dokumentiert werden (z.B. Fotodokumentation auf einer gemeinsamen digitalen Plattform)
  • Im Anschluss erfolgt die Session-Planung: Jede*r hat die Möglichkeit, einen Vortrag, einen Workshop, eine Diskussion oder ähnliches anzubieten. Die Person, die eine Session anbietet, hat ca. 30 Sekunden Zeit sein Angebot vorzustellen. Per Handzeichen wird ermittelt, ob ausreichen Interesse für das angebotene Sessionthema vorhanden ist; wenn die Session zustande kommt, wird sie einer Zeit und einem Raum zugeordnet. Eine Session kann auch als reine Diskussions- oder Brainstormingrunde stattfinden; die sessiongebende Person bringt in diesem Fall nur das Thema ein, hat aber keine moderierenden Aufgaben. An Schulen kann es überaus anregend sein, das vielfältige Angebot (z.B. durch bestimmte Fachrichtungen oder Wahlfächer) im Rahmen eines Barcamps auch dem Kollegium zugänglich zu machen. Ein Sessionboard kann dann z.B. so aussehen:

10:00 – 15:00 Uhr: Sessions

Wenn die Planung abgeschlossen ist, können die Sessions beginnen; wichtig dabei ist, dass der vorgegebene Zeitslot nicht voll ausgenutzt wird, sondern die Session nach ca. 50 Minuten beendet wird, sodass genügend Zeit bleibt, den nötigen Bedürfnissen nachzugehen und dennoch pünktlich zur nächsten Session da sein zu können. Zudem ist es sinnvoll, dass sich der*die Sessiongeber*in für die Dokumentation verantwortlich fühlt und ggf. jemandem bittet, die Dokumentation zu übernehmen.

15:00 – 16:00 Uhr: Feedback, Notwendiges und Get Together

Nach Ende der letzten Session treffen sich alle Teilnehmenden nochmal zu einer Feedbackrunde. Dort werden entweder die dokumentierten Ergebnisse (soweit vorhanden) vorgestellt oder die sessiongebenden Personen fassen die Erkenntnisse aus ihren Angeboten kurz zusammen. Wer mag, kann anschließend noch auf ein gemeinsames Getränk zusammenbleiben und den Tag ausklingen lassen.

Geht das auch online oder hybrid?

Ja, klar. Viele Veranstalter haben seit März 2020 gute Erfahrungen damit gemacht, BarCamps online oder in hybrider Form anzubieten. Gerade aufgrund der zahlreichen Sessions mit dann meistens nicht so wahnsinnig vielen Teilnehmenden eignet sich das BarCamp-Format gut dafür.

Weiterführende Infos/Links

Erfahrungsbericht (Blogbeitrag von Dejan Mihajlovic):
https://mihajlovicfreiburg.com/2017/05/27/barcamp-macht-schule/

Liste von BarCamps im deutschsprachigen Raum: https://www.barcamp-liste.de/

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